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Wahlprogramm zur Hochschulwahl 2020

Als Liberale steht für uns die Freiheit des Individuums an erster Stelle. Jeder Mensch, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Herkunft, seiner finanziellen Möglichkeiten oder seiner sexuellen Orientierung, soll alleine aufgrund seiner Fähigkeiten die Chance haben, sich im Studiengang seiner Wahl zu verwirklichen. Wir stehen für eine pragmatische Hochschulpolitik, die die Interessen der Studenten im Blick hat und nicht blind eigene ideologische Ziele verfolgt.

1. Universität in Zeiten von COVID-19

Die Corona-Pandemie und die von der Regierung zur Eindämmung des Virus beschlossenen Maßnahmen haben die Lebensbereiche aller Bürger in Deutschland hart getroffen. Wir erkennen dabei selbstverständlich an, dass eine Kontrolle der Infektionszahlen im Land schon allein aus ethischen Gründen die einzige vertretbare Strategie gegen die Verbreitung des Virus ist. Die daraus resultierenden Einschränkungen haben allerdings unser gesellschaftliches, privates und berufliches Leben in ungeahnter Weise verändert. Auch die Hochschulen blieben dabei nicht verschont – so musste bereits das Sommersemester 2020 zum größten Teil im digitalen Raum stattfinden. Obwohl die spontane und bereits im Vorfeld eigentlich dringend notwendige digitale Umstellung der universitären Forschung und Lehre die Hochschulen im Land größtenteils unvorbereitet getroffen haben, zeigte sich bereits im vergangenen Semester, dass digitale Methoden und Kompetenzen für die Lehre und Forschung der Zukunft auch positive Aspekte beinhalten. Die Liberale Hochschulgruppe Halle setzt sich dafür ein, Errungenschaften der vergangenen Monate dort, wo sie einen echten Mehrwert bieten, auch nach einem Ende der Pandemie beizubehalten.

Gleichwohl muss klar benannt werden, dass Universität nicht dauerhaft ausschließlich im digitalen Raum stattfinden kann. Wissenschaft lebt vom Austausch untereinander – sowohl unter Forschern selbst als auch in der Lehre! Für uns ist daher klar, dass Präsenzlehre auch in Zukunft der Hauptpfeiler universitären Studiums bleiben muss. Wir begrüßen daher ausdrücklich das von der MLU formulierte Motto: „So viel Präsenz, wie verantwortbar“ und setzen uns in diesem Sinne für eine zügige Rückkehr von weiteren Präsenzveranstaltungen ein, sobald die Situation es erlaubt.

Neben den direkteren Beeinträchtigungen von Studium und Lehre haben sich allerdings auch in anderen Lebensbereichen der Studenten Probleme offenbart, die dringend angegangen werden müssen – insbesondere mit Blick darauf, dass die Pandemie gegenwärtig noch lange nicht überwunden scheint.

1.1. VORLESUNGEN AUFZEICHNEN UND ZUR VERFÜGUNG STELLEN

Vorlesungsaufzeichnungen bieten generell einen extremen Mehrwert für die meisten Studenten. Bereits vor Ausbruch der Pandemie war die Infrastruktur zumindest in größeren Hörsälen bereits vorhanden, wurde aber häufig nicht genutzt. In der von der Pandemie geprägten Situation hat sich nun gezeigt, dass die Ausstattung ALLER Hörsäle und Seminarräume der Universität mit geeigneter Aufzeichnungs- und Wiedergabetechnik dringende Priorität sein muss. Fest installierte Anlagen sind zwar zu bevorzugen, doch sind auch mobile Systeme denkbar. Obwohl wir mit dem Wintersemester 2020/21 nach Maxime der Universitätsleitung eigentlich in ein „Hybridsemester“ starten sollten, in welchem die direkte Verknüpfung synchroner und asynchroner Aufzeichnung und Wiedergabe von mit verminderter Teilnehmerzahl stattfindenden Präsenzveranstaltungen ein Kernelement sein sollte, zeigt sich noch zu häufig, dass viele Dozenten weiterhin praktisch nur ein „Entweder-Oder“ anbieten. Während ausschließliche Präsenzveranstaltungen, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie Laborpraktika, aktuell ohnehin nicht stattfinden, mangelt es dennoch häufig an der Qualität der digitalen Ersatzangebote. Skripte-Hochladen und Selbststudium sind nicht genug!Wir fordern, dass die Universität sich hier mit deutlich größerem Nachdruck dafür einsetzt, dass Vorlesungsaufzeichnungen auch in Zukunft eher den Standard statt die Ausnahme darstellen. Dabei präferieren wir eindeutig das dauerhafte – oder „asynchrone“ – Verfügbarmachen der Aufzeichnungen für die teilnehmenden Studenten.

Durch diese Maßnahme würde auch das Problem sich überschneidender Vorlesungen gelöst, welches in der Vergangenheit Studenten diverser Kombinationsstudiengänge in die unfreiwillige Verlängerung ihres Studiums gezwungen hat. Dies ist insbesondere für jene Studenten ein Problem, welche durch das begrenzte Raster des BAföGs fallen und zur Finanzierung des Studiums arbeiten müssen. Vorlesungsaufzeichnungen würden ihnen die Möglichkeit bieten, ihren Tagesablauf nach eigenem Belieben zu gestalten.

1.2. LEHRINHALTE DIGITALISIEREN

Wir wollen, dass Studenten lernen und arbeiten können, wann und wo sie wollen. Insbesondere im Rahmen der Pandemie hat die Frage der Zugänglichkeit von Lehr- und Lernmaterialien ein deutlich verstärktes Gewicht erhalten. In unseren Augen ist es unabdingbar, dass weit mehr universitäre Arbeitsmaterialien digitalisiert und online zur Verfügung gestellt werden. Somit könnte jeder Student diese Materialien jederzeit nutzen, ohne auf einen Platz in einer überfüllten Bibliothek – oder einer mit begrenzter Platzzahl – hoffen zu müssen. Obwohl die Bibliotheken im Sommersemester 2020 zeitweise sogar komplett schließen mussten, stellte dies durch die Möglichkeit der Ausleihe in vielen Fachbereichen zwar kein unüberwindbares Problem dar. Allerdings ist eben nicht sämtliche Literatur in den Bibliotheken ausleihbar – ein besonders großes Problem, wenn trotzdem weiterhin Prüfungen und Hausarbeiten geschrieben werden sollen. Wir fordern daher einerseits, dass Dozenten Lernmaterialien auch in Zukunft digital zugänglich machen, und andererseits setzen wir uns dafür ein, dass das Portfolio digitaler Lizenzen für E-Books deutlich erweitert wird. Durch diese Maßnahmen werden teure Mehrfachanschaffungen erheblich seltener notwendig und Studenten können Tages- und Lernplan selbstständiger bestimmen.

1.3. DIGITALE INFRASTRUKTUR AN DER MLU VERBESSERN

Auch wenn die Universität und das IT-Servicezentrum gerade im vergangenen Semester massiv in die digitale und Netzwerkinfrastruktur investiert haben, sind die Verfügbarkeit des Netzwerkes auf dem Campusgelände sowie die möglichen Bandbreiten immer noch ausbaubedürftig. Dieser Ausbau ist allerdings dringend erforderlich, wenn Veranstaltungen aufgezeichnet werden sollen um im Anschluss digital verfügbar gemacht zu werden oder sogar live gestreamt wird. Doch das Thema muss auch weiter gefasst werden, denn digitale Infrastruktur hört nicht am Netzwerkstecker auf.

Bei der Studierendenbefragung im Rahmen des „Universitätsbarometers“ an der MLU zeigte sich, dass viele Studenten bei digitalen Abgaben von Kompatibilitätsproblemen geplagt werden. Auch in Gruppenarbeiten bleibt es ein häufiges Ärgernis, dass keine einheitliche Software verwendet wird. So hat sicherlich jeder bereits einmal die Freuden erlebt, ein OpenOffice-Dokument in Microsoft Word zu öffnen oder umgekehrt. Doch sind derartige Probleme bei Abgaben zur Benotung oft noch gravierender, und nicht immer ist es eine Option, auf das PDF-Format zurückzugreifen. Wir möchten uns daher dafür einsetzen, dass die MLU einen Rahmenvertrag mit Microsoft abschließt, um das Office-Paket somit allen eingeschriebenen Studenten kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

1.4. FINANZIELLE SITUATION DER STUDENTEN – ELTERNUNABHÄNGIGES BAFÖG

Der Verlust von Minijobs im Gastro- oder Messegewerbe hat viele Studenten in gravierende finanzielle Schwierigkeiten gestürzt – und diese Problematik ist leider nicht nur auf diese Branchen beschränkt. Angestellte in kurzfristigen Arbeitsverhältnissen sind immer die ersten, die in Krisenzeiten gehen müssen – und dies betrifft eben häufig auch Studenten, welche zur Finanzierung ihres Studiums arbeiten müssen. Wir halten es für unzureichend und zynisch, Studenten, welche für die Nothilfen des BMBF nicht infrage kommen, an den KfW-Kredit zu verweisen.

Abgesehen davon, dass die „Nothilfen“ ohnehin sowohl viel zu spät beschlossen als auch letztendlich ausgezahlt wurden, zeigte sich in ersten Auswertungen der Studentenwerke, dass auch die Vergabe der Mittel weiterhin dringenden Verbesserungsbedarf zeigt. Besonders auffällig waren drei Faktoren:

  • Eigentlich nicht hilfsbedürftige Studenten können sich zu einfach den nicht bedarfsbezogenen Kriterien anpassen und erhalten Geld, welches sie eigentlich nicht benötigen.
  • Zu viele Studenten fallen trotz pandemiebezogener Hilfsbedürftigkeit durch das Raster der Unterstützung.
  • Es gibt eine systematische Armut unter den Studenten, die allerdings nicht pandemiebezogen ist. Betroffene Studenten kommen für die Nothilfen daher nicht infrage, obwohl sie dringenden Bedarf haben.

Unverständlich bleibt daher für viele, wieso in der gegenwärtigen Krisensituation nicht das bewährte und viel angemessenere Instrument des BAföGs eingesetzt wird. Es wäre ein Leichtes, die bestehenden Kriterien pandemiebedingt zu erweitern – die Kriterien für eine Förderung wären klar und transparent. Tatsächlich könnte über dieses Instrument auf jeden der drei Faktoren zielgenau eingegangen werden.

Schon lange setzen wir uns außerdem für ein elternunabhängiges BAföG ein. Immer mehr Studenten fallen durch das derzeitige Raster des BAföG. Die Zahl der BAföG-Empfänger sinkt kontinuierlich. Bei immer mehr Studenten an den deutschen Hochschulen sowie der halleschen Universität ist dies paradox. Offenbar ist das System BAföG daher auch über eine kurzfristige Anpassung an die Pandemiesituation hinaus reformbedürftig. Wir halten ein elternunabhängiges BAföG dabei für die richtige Lösung. Hierdurch erspart man Beziehern außerdem die unnötige Bürokratie, das monatelange Warten und die Ungewissheit. Zudem müssen so auch aktuell nicht zur Förderung berechtigte Studenten ihren Lebensunterhalt nicht mehr durch Nebenjobs erwirtschaften und können in Vollzeit studieren. Eine Anpassung der Freibeträge oder eine Erhöhung der Förderung reicht nicht aus, viele Strukturelle Probleme bleiben bestehen. Wir fordern daher, dass sich die Universität und ihre Gremien aktiv dafür einsetzen.

2. BIBLIOTHEKEN

Ein weiteres Problem sind überfüllte Bibliotheken in Prüfungs- und Hausarbeitenzeiten. Viele Studenten machen sich zwar täglich zeitig genug auf dem Weg, aber trotzdem sind die Bibliotheken dann bereits überfüllt, während in anderen Bibliotheken genug Plätze frei sind. Deshalb wollen wir das Konzept der „Bib-Ampeln“, welches sich bereits bei der Uni Passau als hilfreich herausgestellt hat, auch in Halle einführen. Dadurch wird Studenten Zeit erspart, da die Zahl der unnötigen Wege minimiert wird. Im Gleichen Atemzug sollen auch die „Parkuhren“ für mehr Fairness bei der Nutzung der Arbeitsplätze in Bibliotheken sorgen. Hierbei muss darauf geachtet werden, dass diese durchgehend verfügbar sind und konsequent genutzt werden. Dadurch kann der Mangel an Arbeitsplätzen minimiert werden. Allerdings muss die Universität auch dafür sorgen, dass vor Ort genügend Arbeitsplätze für Studenten vorhanden sind. Es ist in unseren Augen untragbar, dass diese von Semester zu Semester knapper werden. Weitere Abhilfe kann hier die zusätzliche Anschaffung von Bücherscannern leisten.

Außerdem soll der Zugriff auf Tageszeitungen in den Mensen aber auch online innerhalb des Uninetzwerkes möglich sein. Studenten haben häufig finanziell nicht die Möglichkeiten, sich eine qualitativ hochwertige Tageszeitung zu leisten, sollten aber trotzdem die Möglichkeit bekommen, immer up-to-date zu sein. Vor allem für einige sozialwissenschaftliche Studiengänge, wie zum Beispiel Politikwissenschaften, könnte dies den Zugang zu aktuellen Artikeln zu erleichtern.

3. Forschungsfreiheit und Neutralitätsgebot

Die LHG Halle setzt sich konsequent für die vom Grundgesetz garantierte Freiheit von Forschung und Lehre ein. Alle politisch, religiös oder ideologisch motivierten Einschränkungsversuche lehnen wir klar ab. Das gilt genauso insbesondere für die Zivilklauseln. Sie öffnet Tür und Tor für externe Einflussnahme und verhindert wichtige Fortschritte in der Dual-Use-Forschung. Das schwächt den Hochschulstandort Halle enorm.

Um Universitäten vor dem Einfluss politischer oder religiöser Beeinflussung zu schützen, ist allerdings auch die Einhaltung eines konsequenten Neutralitätsgebotes notwendig. Wenn Professoren in Veranstaltungen für politische Agenden werben, dann ist das ein Problem. Wir fordern weiterhin, dass es bei Themen, mit denen sich die Gremien der Universität befassen, immer einen klaren Hochschulbezug gibt.

4. Chancengerechtigkeit schaffen – Anonymisierung von Prüfungsleistungen und Bewerbungen

Die LHG Halle fordert die umfassende Anonymisierung von schriftlichen Prüfungsleistungen und Bewerbungen für Studiengänge an der MLU. Wir sehen hierin die Möglichkeit, Sexismus, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung an der Universität zu reduzieren und auch persönliche Kontakte der Prüflinge mit den Prüfern, seien es positive oder negative, bei der Bewertung außen vorzulassen.

5. Wiederholungsversuche

Im Rahmen des Bologna-Prozesses wurden die deutschen Studiengänge zwar häufig erfolgreich internationalisiert, allerdings ist eine wichtige Folge der Umstrukturierung eine in vielen Fällen deutlich forderndere Prüfungsphase. Nicht selten müssen in einzelnen Wochen drei Klausuren absolviert werden – Binge-Learning ist die Folge. Oft wird dabei „auf Lücke“ gelernt, um den Stoff zu bewältigen und die Ergebnisse gestalten sich schließlich entsprechend. Gerade am Ende des Studiums stellt das oft ein Ärgernis dar.

Das Landeshochschulgesetz gestattet es Hochschulen explizit, die Möglichkeit zu Freiversuchen zu gewähren. Wir stehen einer generellen Abschaffung von Versuchshöchstzahlen zwar kritisch gegenüber, begrüßen allerdings die Idee, die nachträgliche Verbesserung von Prüfungsleistungen zu ermöglichen. Aus diesem Grund möchten wir uns für eine begrenzte Anzahl von Verbesserungsversuchen in den Studiengängen der MLU einsetzen. Dies soll Studenten gestatten, einzelne Prüfungen zum Zwecke der Notenverbesserung einmalig erneut abzulegen.

6. Gegen die Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung

Obwohl Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen im Rahmen der Novellierung des Hochschulgesetzes zu Beginn des Sommersemesters 2020 der Vergangenheit angehören sollten, gab es nachträglich über den Wissenschaftsausschuss des Landtages offenbar noch eine Änderung, sodass gegenwärtige Auffassung der Universitätsleitung ist, dass das Einfordern von Prüfungsunfähigkeitsbescheinigungen durch den Prüfungsausschuss bzw. das Prüfungsamt weiterhin möglich ist.

Wir kritisieren ganz grundsätzlich die Auffassung, dass ein nicht medizinisch qualifiziertes Gremium der Hochschule darüber befinden soll, ob ein Student in der Lage ist an einer Prüfung teilzunehmen oder nicht. Diese Entscheidung sollte durch einen behandelnden Arzt gefällt werden. Wir halten die Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung für ein Einfallstor für Diskriminierung und Ungerechtigkeit. In unseren Augen muss ein von einem Arzt erstelltes Attest bzw. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Rücktritt von einem Prüfungsversuch genügen.

7. Engagement gegen Extremismus und Gewalt jeglicher Art

Die Liberale Hochschulgruppe begrüßt ausdrücklich, auf gefährliche extremistische Strukturen zu reagieren, die versuchen auf die MLU einzuwirken. Halle war in den letzten Jahren leider insbesondere ein Schwerpunkt für rechtsextremistische Bestrebungen. Gegenwärtig liegt hier daher ein Schwerpunkt der Präventionsarbeit – für eine Universität, die sich für Toleranz und demokratische Werte einsetzen soll, sind dies lobenswerte und notwendige Initiativen, denen sich grundsätzlich auch die Liberale Hochschulgruppe anschließt. Leider wird darüber dennoch häufig vergessen, dass jede Art von Extremismus der Gesellschaft schadet – ganz gleich, aus welcher Motivation heraus. Wir fordern daher ein Augenmerk auf Extremismus jeder Art seitens des StuRa – egal ob politisch oder religiös motiviert.

8. Gleichstellungsbeauftragten von ALLEN wählen lassen

Die Entstehung von Gleichstellungsbeauftragten ist historisch auf das Bestreben der Gesellschaft zurückzuführen, die systematische Benachteiligung von Frauen insbesondere im Umfeld der Wissenschaft zu bekämpfen – ein Prozess, der auch jetzt noch nicht abgeschlossen ist. Wir halten es allerdings für falsch, an dieser Stelle andere benachteiligte Gruppen aus den Augen zu verlieren. Jede Universität wird von ihren Mitgliedern geprägt und ist daher ein Spiegel der Gesellschaft – mit all ihren Problemen und Gegensätzen. Gleichstellungsbeauftragte sind mittlerweile ein zentrales Element in der Hochschulautonomie geworden und haben direkten Einfluss zum Beispiel auf Berufungsverfahren und dabei auch eine Überwachungsfunktion. Ihre Aufgaben ausschließlich auf die Gleichstellung von Frauen zu begrenzen, greift für uns zu kurz. Wir wünschen uns Gleichstellungsbeauftragte, die sich für jede benachteiligte Gruppe von Menschen innerhalb der Hochschule einsetzen – und dafür ist eben auch notwendig, dass alle Mitglieder der Hochschule an der Wahl beteiligt sind, denn Benachteiligung hat viele verschiedene Gesichter. Wir fordern daher, dass sich die Universität und ihre Gremien aktiv dafür einsetzen.

9. Gegen Zwang zum Gendern in wissenschaftlichen Arbeiten

Die Gleichstellung von Frauen sowie von Personen mit anderen Geschlechtsidentitäten durch die Überwindung von Rollenmodellen bleibt auch in Zukunft ein wichtiges Ziel, ist noch nicht in allen Bereichen des Lebens erreicht. Es bedarf daher weiterer Anstrengungen, um diesen Prozess voranzutreiben. Das verpflichtende Gendern von Sprache wird dabei häufig als eine der wichtigsten Maßnahmen propagiert. Sprache wird in unseren Augen allerdings von der Gesellschaft geformt, die sie verwendet. Nicht überzeugt sind wir deshalb von einem Ansatz, der davon ausgeht, dass man mithilfe von Sprache im eigentlichen Sinne eine Gesellschaft formen kann. Aus diesem Grund sprechen wir uns auch gegen eine Verpflichtung zur Verwendung gendergerechter Sprache in wissenschaftlichen Texten aus – jedem sollte im Sinne der Freiheit der Wissenschaft die Wahl der präferierten Form offenstehen. Wir sind der Überzeugung, dass einer Gesellschaft, der die weitgehende Gleichstellung von Personengruppen gelungen ist, auch ihre Sprache folgen wird – ohne Zwang und auf natürlicherem Wege, als Diktat es vermag.

10. Gegen Quotenregeln für akademische Spitzenpositionen

Sieht man sich die Geschlechterverteilung in akademischen Spitzenpositionen an, ist ein nicht zu leugnendes Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen zu erkennen – zum Nachteil der Frauen. Dieses Ungleichgewicht gilt es auch in unseren Augen zu bekämpfen. Allerdings erachten wir Quotenregelungen hier nicht für geeignet. Viele Professoren begannen ihre Karrieren noch in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Der Anteil von Frauen an der Gesamtzahl der Studenten betrug dabei knapp 35 Prozent – wenn heute deutschlandweit nur 25,6 Prozent der Hochschullehrer Frauen sind, dann ist das zum Teil darauf zurückzuführen. Gleichstellungsbeauftragte sind hier ein elementares Werkzeug, um bei der Übergabe von Lehrstühlen die Fairness und Gerechtigkeit von Berufungs- und Einstellungsverfahren zu gewährleisten und damit systematische Benachteiligung zu bekämpfen. Damit dieses System funktioniert und zu einer natürlichen Parität führen kann, müssen sich allerdings auch weiterhin mehr Frauen für eine akademische Karriere entscheiden, denn der Frauenanteil beim wissenschaftlichen Personal betrug auch 2019 lediglich 39 Prozent. Notwendig sind in unseren Augen hier gezielte Förderung und Aufbau, damit Frauen ihre Potenziale vollständig entfalten und damit den akademischen Betrieb weiter bereichern können.

11. Gegen Anwesenheitspflichten

Obwohl es eine deutliche Verschärfung des Verbotes im Rahmen der Überarbeitung des Landeshochschulgesetzes gab, werden teilweise noch immer Anwesenheitspflichten in Seminaren, Übungen oder Vorlesungen gefordert. Diese lehnen wir als Liberale Hochschulgruppe entschieden ab. Jeder sollte selbst entscheiden können WO und WIE er lernt. Auch das Herumreichen von Listen, auf welchen unterschrieben werden soll um zu zeigen, dass ein Kurs auch wirklich benötigt wird, lehnen wir ab. Hierbei wird versucht künstlich Druck auszuüben. Außerdem kommen genügend andere Kurse auch ohne diese Listen aus.

12. Essensausgaben in den Mensen verlängern!

Viele Mensen haben lediglich bis 14:30 Uhr geöffnet und geben Essen nur bis 14:00 Uhr aus. Dies führt zu einer extrem engen zeitlichen Planung, falls es einmal passiert das eine Univeranstaltung länger dauert, der Laufweg etwas länger ist (wie zum Beispiel vom Steintorcampus zur Harzmensa) oder es andere Verzögerungen gibt. Deshalb fordern wir, die Essensausgabe an die Öffnungszeiten anzupassen und um eine halbe Stunde zu verlängern. Dadurch ergibt sich für Studenten mehr Flexibilität und weniger Zeitdruck.

13. Bezahle, wofür du willst: Für einen verantwortungsvollen Umgang mit studentischen Beiträgen

13.1. Studentische Gelder und Mittel für studentische Zwecke

Die Studierendenschaft als Ganzes und der Studierendenrat insbesondere verfügen über mittlere sechsstellige Mittel im Jahr. Diese werden durch ihre Mitglieder in erster Linie bei der Zahlung des Semesterbeitrages an die Universität aufgewendet. In unseren Augen ergibt sich hier eine besondere Verantwortung der Organe der Studierendenschaft, diese Mittel auch zweckgemäß und im Sinne der Studenten zu verwenden. Auch wenn das Landeshochschulgesetz hier ein begrenztes allgemeinpolitisches Mandat einräumt, sind wir der Auffassung, dass dabei immer ein klarer Bezug zu studentischen Interessen erkennbar sein muss. Gleichzeitig soll das nicht bedeuten, dass gesamtgesellschaftlicher Diskurs nicht mehr gefördert werden soll – allerdings sollte die Studierendenschaft dabei dann keine eindeutige Position einnehmen.

13.2. KEINE VERSCHWENDUNG VON STUDENTISCHEN GELDERN

Der Studierendenrat verfügt über ein sechsstelliges Budget pro Legislatur, woraus sich eine hohe Verantwortung gegenüber den Mitgliedern unserer Universität ergibt. Wir finden: Dieser Verantwortung wurde man in der Vergangenheit oft nicht ausreichend gerecht. Die öffentlichkeitswirksame Debatte über vegane Lecktücher, „Toilettenhocker“ oder die Patenschaft einer Ente sind dabei nur einige Beispiele, die es auch in die regionalen Medien geschafft hatten. Auch wenn es hier in den vergangenen Jahren Verbesserungen gab, ist dennoch für außenstehende oft nicht nachvollziehbar, wofür das Geld der Studenten noch ausgegeben wird. Außerdem konzentrieren sich Arbeitskreise zunehmend weniger auf ihre eigentlichen Aufgaben. Weiterhin lehnen wir auch weiterhin den Beitritt zum „freien Zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fzs) ab, da hier kosten Anfallen, ohne einen Mehrwert zu bieten.

Daher fordern wir:

  • Transparenz über die Finanzen der Organe der Studierendenschaft
  • Studentische Gelder für studentische Zwecke, keine Ausgaben für weltpolitische Projekte
  • Möglichkeit der Sanktionierung von Arbeitskreisen und Fachschaftsräten bei unzureichender Abrechnung wieder in die Finanzordnung aufnehmen

13.3. DAS SEMESTERTICKET MUSS BESSER WERDEN

Auch wenn wir einem verpflichtenden Semesterticket weiterhin kritisch gegenüberstehen, müssen wir anerkennen, dass das MDV-Semesterticket sich breiter Zustimmung in der halleschen Studentenschaft erfreut. Für viele ist es sogar bereits zu einem Kriterium einer Entscheidung für den Studienstandort Halle geworden. Wir kritisieren weiterhin die Monopolstellung der im MDV zusammengeschlossenen Verkehrsbetriebe und fordern für die Zukunft die frühzeitigere Einbindung der Studenten in die Verhandlungen, allerdings erachten wir den aktuellen Zeitpunkt für grundlegendere Veränderungen am Modell aufgrund der Laufzeit des Vertrages für ungeeignet.

Wofür wir uns allerdings trotzdem einsetzen, ist eine Verbesserung der enthaltenen Angebote. In der letzten Verlängerungsrunde wurde zum Unverständnis vieler lediglich ein höherer Beitrag erhandelt, welcher den Verkehrsbetrieben zugutekommt. Qualitative Verbesserungen des Angebotes blieben aber zu vermissen. Beispiele für geeignete Verbesserung wäre eine Einbindung des MDV-Nord – ohne dabei übertriebene Kostensteigerungen zu bedingen, oder eine Erweiterung des Gebietes auf gesamt Sachsen-Anhalt. Obwohl die Landesregierung mittlerweile ein Azubi-Ticket ermöglicht, vermissen wir ein ähnliches Engagement für die Studenten im Land, obwohl ein landesweites Ticket ein wichtiger Standortvorteil wäre.